Manches ist von Zufällen abhängig.

Seit ungefähr zwei Jahren halte ich Ausschau nach einem (gebrauchten) gepolsterten Stuhl oder Hocker, der sich mit Filz beziehen lässt und aus dem ein schickes neues, individuelles Möbelstück wird. Nicht, dass ich in jeden erdenklichen Läden oder auf jeden Trödelmarkt gehe, um fündig zu werden. Aber ich halte die Augen offen, auch, wenn z.B. Sperrmüll am Straßenrand steht.

Jetzt hat sich dieser Traum erfüllt. Eine nähbegeisterte gute Bekannte mit tollen Einrichtungsideen hat den Anstoß gegeben, in einen Trödelladen zu fahren und dort stand er, „mein“ Stuhl!

Er war mit einem rot-blau karierten Stoff eher lieblos bespannt. Das Urteil der erfahrenen Bekannten: Das Polster aus Schaumstoff ist intakt und leicht zu entfernen, das Holz in akzeptablen Zustand und der Stuhl stabil -> eine klare Kaufempfehlung.

Auf der Rückfahrt spekulierten wir schon, welche Farben und Muster dem Stuhl am besten stehen würden: grün, türkis, orange, brombeer oder grau waren die Favoriten. Am nächsten Tag machte ich mit türkisfarbener Wolle eine Probe mit bunten Seidenfäden, die gründlich in die Hose ging, denn die Seidenfäden wurden von der Kapmerinowolle geradezu verschluckt und verloren ihren Glanz. Also noch einmal überlegen, welche Farbe und Wolle geeignet sein könnte. Es fiel mir schwer, mich auf eine Farbe festzulegen, denn ich wusste noch nicht, wo der Stuhl stehen würde. Vielleicht ein buntes Muster, um alle Optionen zu haben? Ja, das sollte es sein. So bunt wie die Untersetzer der Resteverwertung 2015 (Neuseeland- und Australomerinowolle im Sammelbeutel von Wollknoll).

Für einen festen, strapazierfähigen Stoff lege ich weißen Chiffon aus. Für eine gleichmäßige Fläche sorgt eine Lage bunter Vorfilz.

Darauf werden die bunten Filzreste sorgfälitig, leicht überlappend auf einer Fläche von 90 x 90 cm in kleinen Wollebällchen ausgelegt… Eine Sisyphosarbeit von etlichen Stunden.

Die fertige Wollfläche gibt schon ungefilzt ein tolles Bild ab.

Nach dem Anfilzen mit den Händen, wird die Fläche in einem weichen Kern, z.B. Rohrummantelung, und Noppenfolie gerollt.

Gerollt wird von allen Seiten, auch von der Rückseite, damit sich der Chiffon festigt.

Nach dem Rollen wird das Filzteil, das die Ausmaße eines kleinen Teppichs hat, geknetet.

Der nächste Schritt beinhaltet das Rollen ohne Kern. Heißes Wasser und Seife werden hinzugegeben, das Teil schrumpft merklich auf 70 x 70 cm.

Bewährt hat sich das Bügeln und Rasieren (Einmalrasierer), um eine glatte Oberfläche zu erhalten.

Der Stoff ist dicker geworden als erwartet und könnte durchaus als Teppich dienen.

Die feste Oberfläche ist bei einer Verwendung als Sitzpolster nötig.

Mit einem Tacker bewafnet und zahlreichen Anläufen – v.a. was die Ecken angeht – gewinne ich den Kampf… 😉